aus gegebenen Anlass mal eine Frage: Ist ein kommunaler Aufgabenträger verpflichtet, eigenständige Fahrgasterhebungen durchzuführen und die damit erfassten Daten zu verwalten oder ist es legitim, diese Aufgabe an das Verkehrsunternehmen weiter zu leiten?
Letzteres würde bedeuten, dass sich der Aufgabenträger a) in eine direkte Abhängigkeit zum Verkehrsunternehmen begibt und b) keine eigenständige Datengrundlage zur Kalkulation oder Gegenprüfung von Angaben des Verkehrsunternehmens hat. Eine ganz hässliche Folge wäre c) dass Dritte, die ein berechtigtes Interesse an den Daten haben, keine Möglichkeit besitzen diese zu beziehen...
Hintergrund: Ich wollte die Fahrgastzahlen der Linien 471 und 474 für den Zeitraum 2001 bis 2011 beziehen und in einer Eingabe verarbeiten. Wie sich herausstellte, verfügt nicht der Aufgabenträger sondern das VU über diese Daten. Und damit ist es unmöglich an die Daten zu kommen.
Ich finde diese Situation sehr befremdlich um nicht zu sagen unmöglich, da ich bisher die Erfahrung gemacht habe, dass der Aufgabenträger schon aus Gründen der Kalkulation selbstständig solche Daten erhebt und verwaltet.
Verpflichtet sind die Aufgabenträger nicht. Die Zahlen können von den verkehrsunternehmen oder Zählunternehmen zugeliefert werden. Für die ZAhlen sollten die Aufgabenträger sich jedoch interessieren, denn sie sind haushaltsrechtlich dazu verpflichtet, sparsam und zweckdienlich ihre Gelder/ÖV-Zuschüsse einzusetzen, was u.a. von den Fahrgeldeinnahmen (Fahrgästen) abhängt. Auch Zuschüsse für Schwerbehinderte und andere besondere Fahrgastgruppen müssen ja auf irgendeiner Basis (richtig!) abgerechnet werden. Manchmal werden die Gelder aber einfach nur pauschal verteilt, weil dies preiswerter ist, als sich richtig drum zu kümmern. Wenn ein Aufgabenträger seine Aufgabe ernst nimmt, dann interessiert er sich auch für die Nachfrage im ÖV und hat dafür ein Berichtswesen eingerichtet. Hierfür liefert das vertraglich gebundene Verkehrsunternehmen die Zahlen zu (muß vereinbart sein). Interessiert sich der Aufgabenträger wirklich für die Entwicklungen in seinem Aufgabenbereich, dann führt er im eigenen Auftrag Kontrollzählungen durch. Einige Aufgabenträger haben den ÖV aber richtig ausgelagert und interessieren sich für nichts (z.B. Chaos im Landkreis Hildburghausen). Woanders werden wiederum selbst die Nahverkehrspläne von den Unternehmen selbst geschrieben. Ein sicheres Zeichen, wie wichtig ein Aufgabenträger seine Sache nimmt, ist der zuständige Mitarbeiter in der Verwaltung; verfügt er/sie über eine geeignete Qualifikation, hat die Verwaltung Zeit für den ÖV oder ist es nur ein Nebengeschäft, gibt es sogar mehrere Mitarbeiter für diese Aufgabe? All dies beschreibt den Stellenwert des ÖV.
Kann ein Aufgabenträger einem Dritten mit berechtigtem Interesse den Infromationszugang bzw. die Auskunft verweigern. Meines Erachtens sind die Spielräume dafür, schon weil es sich um eine öffentliche Einrichtung handelt, sehr begrenzt (gleichwohl gibt es natürlich im Einzelfall berechtigte Gründe). Genaueres ist entsprechend im Informationszugangsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt geregelt.
Es kann doch nicht sein, dass mich der Aufgabenträger weiter an das Verkehrsunternehmen verweist und somit wohl meint seiner Auskunftspflicht nachzukommen, aber das Verkehrsunternehmen sich weigert diese Daten herauszugeben. Letzteres kann ich, aufgrund von Wettbewerbsgründen, nachvollziehen. Trotzdem ist damit noch lange nicht mein Ersuchen um Informationen abgearbeitet. Meiner Meinung nach hat die Allgemeinheit und insbesondere Dritte mit berechtigten Einzelinteresse einen Anspruch darauf, diese Daten (Fahrgastzahlen und Fahrgastentwicklung) zu erfahren.
Mir ging es ja nur um folgendes:
Im Rahmen meiner erneuten Eingabe wollte ich prüfen, wie sich 1. die Einstellung des Wochenendlinienverkehrs, 2. die Einstellung der RB49 und 3. die Umsetzung des neuen Fahrplankonzeptes 2009 ausgewirkt haben.
Und als weiteren wichtigen Punkt wollte ich damit herausfinden, ob die Fahrgastzahlen die extrem schlechte Anbindung in Richtung Dessau (und in den Ferien sowohl nach Dessau und Köthen) rechtfertigen. Denn die Pendlerdaten für Dessau, Aken, Osternienburg und Köthen sagen da eindeutig etwas anderes und sind mit dem Fahrplankonzept nicht in Einklang zu bringen.
Die Fahrgastzahlen berühren wirtschaftliche Interessen, daher wird man da zurückhaltend sein. Was stehen denn für Zahlen im Nahverkehrsplan? In Zuge der nächsten Neuaufstellung müßte es eigentlich Anhörungsverfahren geben, wo man sich mit seinen Fragen einbringen kann. Ich würde mal "meinen" Kreistagsabgeordneten (manchmal gibt es auch mehrere) in seinem Wahlkreisbüro aufsuchen und auf die schlechte ÖV-Anbindung hinweisen und entsprechnde Nachfragen stellen sowie Auskünfte abfordern. Die Damen und Herren wollen ja schließlich wiedergewählt werden. Und können meist mehr Druck machen.
schon alleine an den Nahverkehrsplan zu kommen stellt ein gewisses Problem dar, denn im Gegensatz zu den anderen 90% der Landkreise in Sachsen-Anhalt gehört Anhalt-Bitterfeld zu den 10%, die diesen nicht über Internet zugänglich machen. Um diesen einzusehen oder zu bekommen muss man nach Bitterfeld.
Und selbst dann stellt sich folgendes Problem dar: Kreisgebietsreform sei dank, gelten für den LK ABI drei Nahverkehrspläne (Köthen, Bitterfeld und Zerbst). Von Einheitlichkeit kann keine Rede sein.
Und die Pläne an sich sind meines Erachtens nach auch "nicht sehr aussagekräftig", um es freundlich zu formulieren, denn: Der NVP für den Altkreis Köthen liest sich wie ein Gutachten - eine Aneinanderreihung von Fakten und Daten ohne, dass daraus wirklich Schlussfolgerungen gezogen werden. Die Fahrgastzahlen sind nicht für jede Linie einzeln aufgeschlüsselt, sondern nach den jeweiligen Fahrgastgruppen in einem Entwicklungsverlauf von mehreren Jahren nur tendentiell. Im Vergleich zum ÖPNV-Plan LSA fallen da substanzielle Unterschiede in der Ausarbeitung und Aufbereitung der Daten auf. (Was vielleicht auch daran liegt, dass dieser durch ein Fremdunternehmen (ISUP) aufgestellt wurde.)
Der NVP Köthen gilt ab 2007, wenn ich das jetzt richtig in Erinnerung haben bis 2014(?). Angesichts der Kreisgebietsreform müsste eine Neuaufstellung eigentlich schon im Sinne der Vereinheitlichung in Gange sein, nur ist es in ABI besonders schwer solche "Verwaltungsakte" überhaupt mitzubekommen... Ich werde mich aber diesbezüglich aufjedenfall mal erkundigen.